Die vielen Zuschauer im Sitzungssaal der Gemeinde Schaafheim waren Ausdruck für das große Interesse an den Themen auf der Agenda der Gemeindevertretersitzung. Schon die Ausschüsse vor einer Woche haben heftige Diskussionen zum Thema Grundstücksangelegenheiten hervorgebracht.
Es hat den Gemeindevorstand sicher ein wenig Überwindung gekostet, das Thema „Grundstücksangelegenheiten: Quarzsandtagebau“ in der Öffentlichkeit diskutieren zu lassen. Die Außenwirkung der geführten Debatte sollte uns aber ein Vorbild für zukünftige Sitzungen sein. Die sachlich geführten Diskussionen, Transparenz der Gemeindeführung und der Umgang der Teilnehmer miteinander während der abschließenden Sitzung der Gemeindevertretung waren in unseren Augen, auch aus Sicht der Zuschauer, ein wunderbares Beispiel für demokratische Gemeindepolitik.
Bürgerfragestunde
Es waren nicht nur viele Zuschauer anwesend. Nein, sie hatten auch jede Menge Fragen dabei. Die Fragestunde ist eigentlich nur eine Frageviertelstunde. Als Zuschauer fühlt man sich in dieser kurzen Zeit jedoch gut angehört, wenn Herr Daniel, der Vorsitzende der Gemeindevertretung, kraft seines Amtes noch drei Minuten hinzugibt, damit auch wirklich alle Fragen umfassend vom Bürgermeister beantwortet werden können.
Die Bürgerfragestunde befindet sich noch im „Probebetrieb“ für ein Jahr. Im Laufe des Jahres wird es eine Überprüfung auf Fortsetzung geben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das tolle Konzept für alle Interessierten weitergeführt wird, und haben die leise Hoffnung, dass auch andere Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter Gefallen daran gefunden haben.
Drei Hauptthemen, lange Sitzung
Zwei der drei Themen lassen sich recht schnell umreißen: Das Bürgerbegehren der Bürgerinitiative Schaafheim wurde mehrheitlich abgelehnt und beim Thema „Fusion der Sparkassen Darmstadt und Dieburg“ hat die Gemeindevertretung mehrheitlich zugestimmt.
Mehr Auswirkungen auf das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner in Schaafheim und Umgebung werden die Entscheidungen haben, die zum Thema Grundstückstausch „Sandabbau“ getroffen wurden. Wie zuvor erwähnt, wurde bereits im Haupt- und Finanzausschuss zu diesem Thema ausgiebig und emotional diskutiert.
Der Bürgermeister hat mit der Firma Höfling, die den Sandabbau in Schaafheim aktuell betreibt, eine Übereinkunft ausgehandelt, die er nun erneut den Mitgliedern der Gemeindevertretung erläuterte. Die Intension dahinter ist allen Beteiligten klar. Die Ausbreitung des Sandabbaus in Richtung Rittersloch soll verhindert werden. Deshalb gab es keine Diskussionen über das Ziel, denn darüber waren sich alle Fraktionen einig, sondern über die Details des Deals.
Bei der Verteidigung seiner Absprache mit der Firma Höfling sprach der Bürgermeister von Haltepunkten oder Ankern, die den Sandabbau westlich des Eichenwegs aufhalten sollen. Denn das soll die Grenze werden. Zwischen Eichenweg im Westen und Ringheim im Osten soll der Weg frei gemacht werden für einen ungehinderten Abbau. Das führt in unseren Augen zu einer sofortigen und schnellen Vergrößerung der Abbaufläche mit den dazu gehörenden Folgen für unsere Gemeinde und den Großostheimer Ortsteil Ringheim. Steigender LKW-Verkehr, höhere Lärmbelastung und Staubentwicklung, Zerstörung der Naherholungsflächen in unserer Umgebung. Seitdem die Firma Höfling von der Foca Gruppe übernommen wurde, hat sich die Ausbreitung der Sandgrube stark beschleunigt. Das darf in unseren Augen nicht außer Acht gelassen werden. Nur der Vorsitzende der FWG-Fraktion, Patrick Kelley, hat sich noch sehr kritisch gegenüber den ausgehandelten Maßnahmen des Abkommens geäußert und sieht viele Punkte zum Schutz der Bevölkerung als unzureichend.
Unsere Kritikpunkte
Auch wir können nur schwer einschätzen, wie sich die Absprache zwischen Gemeinde und der Firma Höfling in zehn Jahren entwickeln wird. Vorerst scheint eine Annäherung an Schaafheimer Wohnbebauung verhindert worden zu sein. Unsere Kritik richtet sich deshalb auf Punkte, die man hätte mitdenken können.
Wie bereits angedeutet, erwarten wir nun eine sehr beschleunigte Ausbreitung der Abbauflächen in Richtung Ringheim. Durch den Eintausch von „Schlüsselgrundstücken“ bekommt die Firma Höfling die Möglichkeit, ungehindert voranzuschreiten. Aus unternehmerischer Sicht vollkommen nachvollziehbar, vor allem weil die Firma sogar bereit war, mehr Grundstücke anzubieten, als sie dafür im Tausch erhalten hat. Maschinen, die bisher im östlichen Teil des Abbaus betrieben wurden, werden in Zukunft näher an das Wohngebiet Rittersloch heranrücken. Dagegen ist ein Sichtschutzwall vorgesehen, der aber sehr viel kleiner sein wird, als der Richtung Ringheim und gegen Lärm und Staub weniger ausrichten kann. Eine Genehmigung für diesen Wall gibt es noch nicht.
Zur Verhandlungsmasse der Vereinbarung gehört die Rücknahme einer Klage seitens der Gemeinde gegen den Planfeststellungsbeschluss über das Sandabbaugebiet. Die Klagerücknahme stellt aus unserer Sicht vor Gericht eine Willensbekundung seitens der Gemeinde dar, den Sandabbau ungehindert zu akzeptieren. Eine weitere größere Klage des BUND-Naturschutz zusammen mit einem privaten Grundstücksbesitzer wird dadurch eher geschwächt, wenn die urteilende Richterin sieht, dass sogar die angrenzende Gemeinde keine Einwände mehr hat. Ob Stellungnahmen des Bürgermeisters genauso hohes Gewicht haben werden, ist zu bezweifeln.
Dritte Unternehmen – in Babenhausen baggern bereits mindestens fünf (!)– werden trotzdem die Möglichkeit haben, Sandabbau zu beantragen. Selbst wenn sich die gesamte Foca Gruppe auch in zehn Jahren noch an die Absprachen halten sollte, nachdem der Bereich Richtung Ringheim verwertet ist und sie sich nicht weiter Richtung Westen ausbreitet, kann der Abbau nördlich des Wohngebietes Rittersloch nur gerichtlich verhindert werden. Die Klage zieht die Gemeinde aber nun zurück. Mit den dazugehörigen Konsequenzen.
Hoffnung?
Zwei beschlossene Maßnahmen machen ein wenig Hoffnung. Zum einen wird der Gemeindevorstand eine Stellungnahme gegenüber der Regionalversammlung abgeben. Darin will man sich klar dafür aussprechen, dass die Vorbehaltsfläche für Sandabbau nördlich unserer Wohnbebauung aus dem Regionalplan entfernt wird. Das ist eine gute Intension, die Erfolgsaussichten sind aber schwer einzuschätzen.
Weiter wurde beschlossen, dass die Gemeindegrundstücke auf der Vorbehaltsfläche ökologisch aufgewertet werden sollen. Die Fraktion der FWG betonte, dass eine Änderung des Regionalplans nur so erfolgreich sein kann und beantragte deshalb, ein besonders schützenswertes Flora-Fauna-Gebiet im Bereich Rittersloch zu entwickeln, das zugleich als Schutz vor dem Sandabbau dienen soll. Nach einer 15-minütigen Sitzungsunterbrechung hat man sich leider nur auf eine Absichtserklärung einigen können. Wir werden jedoch sehr darauf achten und immer wieder nachfragen, ob und welche Maßnahmen seitens der Gemeinde in Angriff genommen werden.
Wir drücken uns allen die Daumen, dass unsere Befürchtungen nicht eintreten und unser Bürgermeister mit diesem Deal die richtige Entscheidung getroffen hat.
Autor: Sebastian Urban für die Grünen Schaafheim